Vorwort von Elke Zwicker
Liebe Freunde und Gönner der Kinderhilfe-Kapstadt,
Anbei sende ich Euch, wie bereits angekündigt, einen weiteren Bericht von Sina Horvath, dieses Mal von ihrem Besuch in Calitzdorp bei der Heuwel Speelskool. Wie bekannt, ist dies ein aussergewöhnliches Kindergarten-Projekt in Mitten der Kleinen Karoo auf dem Weg nach Outshoorn, also rund 4 ½ Stunden Fahrt von Kapstadt entfernt.
Gerne hier noch ein paar Anmerkungen von mir zu diesem Projekt:
Die Gegend rundum Calitzdorp bietet nur wenig Möglichkeiten einer Arbeit nachzugehen. Die größten Arbeitgeber sind mit der Herstellung oder Verarbeitung von Portwein, Käse, dem Anbau von Weintrauben und Kernobst beschäftigt. Im Township „Bergsig“, gleich neben der Heuwel Speelskool, leben viele der dort angesiedelten Saisonarbeiter, die in den Wintermonaten kein Einkommen haben. Die Armut und auch der Alkoholkonsum sind groß. Dies spürt der Kindergarten ganz besonders, denn viele Eltern bezahlen das Schulgeld von R70 (Euro 4) im Monat nicht, entweder weil sie es sich nicht leisten können, oder weil es für den Kauf von Alkohol verwendet wird. Leidtragende sind meistens die Kinder. Eines der Hauptgründe, warum jedes Kind hier aufgenommen wird ist, weil man sich für sie verantwortlich fühlt. So werden die Kleinen tagsüber liebevoll betreut, erhalten nebst einer Vorschulausbildung, auch 2 nahrhafte und gesunde Mahlzeiten pro Tag.
Von den insgesamt 348 angemeldeten Kindern, besuchen rund 285 regelmäßig den Unterricht. Diverse Anläufe mehr Schulgelder einzufordern, sind bis anhin gescheitert. Nun versucht Shelden, der Schulleiter, es abends mit Hausbesuchen, um die Eltern an ihre Verantwortung zu erinnern. Leider wurde er immer wieder mit Armut und Elend konfrontiert und so musste er einsehen, dass die meisten Angehörigen von der Hand in den Mund leben.
Kinderhilfe-Kapstadt hat in der Zwischenzeit der Heuwel Speelskool vorgeschlagen, das Schulgeld von einem Teil der Kindern zu übernehmen. Dies geschieht hoffentlich mit Eurem Einverständnis.
Einmal mehr bedanken wir uns bei allen Beteiligten für den Einsatz, die Hilfsbereitschaft und die für uns so wichtige finanzielle Unterstützung, ohne die wir den eingeschlagenen Weg nicht gehen könnten.
Von Herzen liebe Grüße aus dem bereits herbstlichen Kapstadt
Elke und Marlis
Bericht von Sina Horvath

Die Heuwel Speelskool in Calitzdorp
Auf unserem Weg von Oudtshoorn nach Kapstadt haben wir einen kurzen Stopp eingelegt, um uns einen Kindergarten namens „Die Heuwel Speelskool“ anzuschauen, von welchem Elke Zwicker uns im Vorfeld erzählt hat. Das Bauerndorf wirkte sehr ruhig, fast schon ausgestorben – wohl, weil es dort so extrem heiss wird – und ist idyllisch umgeben von Bergen. Ausgangs Dorf, in Richtung Kapstadt, befindet sich auf befindet sich auf der rechten Seite ein auffälliges Gebäude mit einem Laden mit verschiedensten getrockneten Früchten und weiteren lokalen Produkten. „Elnatan Calitzdorp Fruit“ steht am Eingang. Die Früchte werden nicht nur getrocknet und abgepackt, sie werden auf unterschiedlichste Arten vor Ort verarbeitet und anschließend verkauft. Zum Beispiel werden Feigen ausgewallt und als „Feigenrollen“ verkauft. Lauter spezielle Eigenkreationen sind in dem Laden anzutreffen.

Kurz nach der Ankunft wurden wir von Ursula Triebe begrüßt, sie ist mittlerweile 79 Jahre alt und hat
1999 erstmals in Calitzdorp selbständig als Kindergärtnerin gearbeitet. Dennoch ist sie in der brütenden Hitze von ihrem naheliegenden Haus bis zu dem Verkaufsladen spaziert und hat uns freundlich empfangen. Sie führte uns weiter weg von der Straße, an dem Früchteladen vorbei. Schon von Weitem konnten wir die Kinderstimmen hören. Ursula stellte uns dem Schulleiter vor und er zeigte uns die drei Gebäude und die verschiedenen Klassenräume. Die Räume sind sehr sorgsam und gepflegt, es ist sauber und trotz der Hitze draußen, in den Zimmern angenehm. Die Kinder sind entweder dabei mit den Lehrpersonen zu arbeiten oder frei am Spielen. Die Klassen sind relativ groß und teilweise auch überfüllt. Etwa 30 Kinder pro Klasse, 340 Schüler insgesamt. Die Kinder sind zwischen zwei und sieben Jahren jung. Die meisten aufgewachsen in weniger privilegierten Familien, wie wir es aus unserer Umgebung kennen. Besonders beeindruckt hat uns die Klasse für Kinder mit „special needs“. Also Kinder, die besondere Unterstützung oder Zuwendung brauchen. In der Klasse waren nur drei Kinder an diesem Tag dort, aber auch an anderen Tagen nicht mehr als sechs. Der Schulleiter erklärte uns, dass es im Dorf noch einige mehr gäbe, die solche Bedürfnisse hätten. Viele Eingang zum Früchteladen Eltern schämen sich jedoch oder befürchten, dass ihre Kinder, getrennt von ihnen, nicht genug sicher wären. Aus unserem „kurzen Stopp“ wurden mehr als drei Stunden, in denen wir in eine andere Welt eintauchen durften. Einen Ort, an dem die Kinder sicher sind und Kind sein dürfen.
Einen Monat in dem Kindergarten kostet die Eltern 50 Rand (ca. 2.50 Euro). Die Schüler erhalten neben
der Bildung auch zwei vollwertige Malzeiten am Tag. Trotzdem werden nur 70% der Kosten durch die
Eltern, oder den Staat gedeckt, für den Rost sind sie auf Spenden angewiesen. In der Heuwel Speelskool werden, anders als an anderen Kindergärten, keine Kinder zurückgewiesen. Sprich, auch die Eltern, die nicht bezahlen können oder wollen, können in Absprache mit der Schulleitung ihre Kinder an diesen sicheren Ort schicken. Umso wichtiger ist es, dass der Kindergarten weitere Unterstützung erhält. Ursula und Klaus stecken Tag für Tag ihr Herzblut in das Projekt. Ursula erzählte uns, wie sie mit den Kindern auch Fahrradprüfungen macht und ihnen geduldig das Fahrradfahren beibringt. Klaus ergänzt, dass sie extra einen Streifen Fahrbahn betoniert hätten, um den Kindern dies zu ermöglichen. Sehr berührend ist es, dass die Beiden sich auch am Samstag um die Kinder des angrenzenden Townships (Armenviertel mit einfachen Blechhütten) kümmern. Bis zu ihrem 12. Lebensjahr sind sie willkommen jeden Samstag auf ihrem Spielplatz zu toben. Die Kinder können schaukeln, schwingen, rutschen, Fahrrad und BMX fahren auf einer Hügelpiste und sogar ein Skatepark steht zur freien Verfügung. Das Spiel wird jeweils von einigen Betreuerinnen beobachtet und die Kinder bekommen sogar gratis etwas zu essen. Ursula und Klaus ermöglichen so Vieles! Sie sind bescheiden und unendlich großzügig.

Auch zur Wahrheit gehört, dass die beiden nicht jünger werden: „Wir mögen nicht mehr gleich wie früher“ sagen sie. Für die Nachfolge ist erfreulicherweise bereits gesorgt. Der Laden wird bereits von einer dunkelhäutigen Frau aus dem Dorf geführt und der geschätzte Schulrektor weiß auch weiterhin, was zu tun ist. Das Projekt wird weiterleben, dennoch ist jede Unterstützung von großzügigen Gönnern und Sponsoren wichtig und zu 100 % richtig eingesetzt. Es ist ein nachhaltiges Konzept, das den Familien Sicherheit gibt. Es fühlt sich gut an, einen solch wunderbaren Ort für Kinder zu unterstützen.
Bericht: Sina Horvath, 21.01.2023